Görlitz wagt mit »Tod eines Bankers« eine Opern-Uraufführung
(...) Der Komponist Andreas Kersting hat in Dresden bei Rainer Lischka und Wilfried Krätzschmar studiert. Seine Musik beginnt mit aufschreienden Klangkaskaden. Ein beeindruckendes Vorspiel. Um die Situationen zu charakterisieren, bedient er sich der Mikrotonalität. Das ist nach eigener Auskunft »deformierte« Harmonik, und in er Tat, der filmerfahrene Komponist breitet Klangflächen aus, die aber alles andere als Sicherheit vermitteln. Geräusche, deren Herkunft nicht immer genau zu orten ist, verschwimmen. Mehr und mehr wird das musikalische Fundament brüchig, der Gesang muss sich da immer wieder zurecht finden, die Sänger müssen sich regelrecht einfädeln und sich von Bruchstück zu Bruchstück sprunghaft retten, weil ein Stück sicheres Terrain nach dem anderen nicht mehr trägt.
Interessant sind dann immer wieder die Brüche mit kichernden Passagen des Saxophons, oder ungewöhnliche, sehnsuchtsvolle Klänge einer Gitarre. (...)
Boris Michael Gruhl | Dresdner Neueste Nachrichten
08.04.2013
Kein schönes Sterben (Tod eines Bankers)
(...) Die Musik zum „Tod eines Bankers“ hat Andreas Kersting komponiert. Er verwendet das klassische Orchester, reiches Schlagwerk und Elektronik. Dabei arbeitet er mit sich variierenden, verfremdeten Samples, Obertontechnik und Mikrotonalität. Die klug ausgedachte Musik beeindruckt durch Flächenklänge, die den Hörer in Stimmungen hineinziehen, viel im Unbewussten bewirken. Der Übergang vom Fasziniert- zum Genervtsein ist fließend. Die Musik passt zum Gegenstand, zur Oper, zum Text. (...)
Jens Daniel Schubert | Sächsische Zeitung
08.04.2013
Andreas Kersting: "La Paz" ist das preisgekrönte Werk im Preisträgerkonzert des MDR Kompositionswettbewerbes 2002
In der "Sende(r)musik", der neuen Reihe für zeitgenössische Musik des MDR, eröffneten nicht zufällig Werke von Wilfried Krätschmar und Frédéric Durieux den Abend. Andreas Kersting, diesjähriger Preisträger des MDR-Kompositionswettbewerbs, studierte u. a. bei Krätzschmar in Dresden und bei Durieux in Paris. Im Zentrum des Abends stand die Uraufführung von Andreas Kerstings Chorwerk "La Paz", preisgekrönt von der MDR-Jury, der neben MDR-Chordirektor Howard Arman und Orchesterchef Fabio Luisi auch Krzysztof Penderecki angehörte. "La Paz", konzipiert für 34 Solostimmen, brachte den Chor zwar sichtlich an den Rand des Machbaren, wie die 34 Stimmgabeln im Dauerbetrieb demonstrierten, doch gelang es dem Chor unter Arman, sich dieser Herausforderung zu stellen.
Kerstings Konzept ist ebenso verführerisch wie altmodisch: Impressionen aus der bolivianischen Hauptstadt, an Indianerlieder angelehnte Themen, Klangfarbenkomposition, fast perkussive Geräuschschichtungen, Bravourpassagen für Solosopran und ein Fortissimo-Höhepunkt in reinem Moll. Dazu kommt der Verzicht auf die Sprache: Kersting bedient sich eines erfundenen Idioms, das den Klang bolivianischer Indianersprachen imitieren soll. Das Ergebnis muss dem durchschnittlichen Hardcoreavantgardisten wie ein Schlag ins Gesicht anmuten, ist es doch eine bestechend ?schöne? Komposition, die die Beschäftigung mit der Chormusik der letzten dreißig Jahre deutlich verrät. Kersting gelingt es, auf dem Instrument "Chor", das er souverän beherrscht, verblüffende, dabei nie groteske Klangwirkungen zu erzielen.
Stefan Horlitz | leipzig-almanach.de